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Freudiges Herankommen über Kontaktaufnahme


Anton Fichtlmeier hilft Hundeführern

Ein Hundeführer stellt folgende Frage:

Ich habe seit einem halben Jahr einen Deutsch Drahthaar Rüden mit hervorragenden jagdlichen Fähigkeiten. Er ist ein sehr  anhänglicher ausgeglichener Hund. Ich habe nur ein Problem, das ich noch mit keinem Hund hatte. Er ist durch fast nichts zu bewegen zu mir zu kommen, wenn er es nicht von sich aus will.

Was würden Sie mir raten wie ich hier vorgehen soll?  

Anton Fichtlmeier:

Ein häufiger Fehler beim Heranrufen eines Hundes ist, ihn nach mehreren gescheiterten Versuchen mit einem immer schlechter gelaunten: “Komm gefälligst endlich hierher!“ zu sich holen zu wollen. Je weniger er die Bereitschaft zeigt heranzukommen, umso fordernder wird die Stimme und umso drohender die Körperhaltung des Rufenden.
Mal ehrlich, wenn Sie Hund wären – würden Sie sich einer so rufenden Person gerne nähern?

Unabhängig von seinem Alter kann man jeden Hund (wieder) lehren, freudig und schnell zu seinem Besitzer zurückzukommen. Versuchen Sie folgendes:

1. Ein spezielles Aufmerksamkeitssignal erarbeiten:

  • Um das Interesse des Hundes zu erregen nach Ihnen zu sehen, verwenden Sie ein Signal, das nur neutral, also weder freudig noch aggressiv artikuliert werden kann, wie z.B. ein Schnalzen mit der Zunge.
  • Beginnen Sie zuerst im Nahbereich, also wenn der Hund direkt bei Ihnen steht. Nun schnalzen Sie mit der Zunge und jedes Mal, wenn er Sie daraufhin ansieht, erhält er sofort ein Stückchen Futter aus der Hand.
  • Wichtig: Verwenden Sie dazu Futter aus seiner täglichen Futterration, denn Hunger fördert sein Interesse an Ihrem Signal. Das Futter haben Sie in einem Futterbeutel oder in der Jackentasche.
  • Das wiederholen Sie nun über den Tag verteilt mindestens 30 bis 40 Mal, und zwar so viele Tage bis es zuverlässig klappt.
  • Vergrößern Sie dann kontinuierlich den Abstand zu Ihrem Hund wenn Sie mit der Zunge schnalzen, so dass er eine gewisse Strecke zurücklegen muss, um ein Futterstückchen zu erhalten.
  • Da das Schnalzen ausschließlich als Aufmerksamkeitssignal zur Kontaktaufnahme dienen soll, etablieren Sie ein weiteres Signal für das Herankommen: Ausbreiten der Arme und/oder in die Hocke gehen.
  • das heißt: schaut der Hund nach dem Zungeschnalzen zu Ihnen, breiten Sie augenblicklich die Arme aus und/oder gehen in die Hocke.
  • kommt er herangelaufen, bekommt er als Belohnung sein Futterstückchen aus der Hand angeboten. Dann darf er sich wieder entfernen.
  • Klappt das, kann das Aufmerksamkeitssignal "Schnalzen" nach und nach auch mit einem "Doppelpfiff" ersetzt werden.

Eine Detailgenaue Schritt für Schritt beschriebene Vorgehensweise habe ich in meinem Buch "Der Hund an der Leine" beschrieben.

Hocke heisst für den Hund: "Wenn ich herankomme dann krieg ich Futter"
Hocke heisst für den Hund: "Wenn ich herankomme dann krieg ich Futter"

2. Den Hund lehren was zu erwarten ist, wenn das Aufmerksamkeitssignal ignoriert wird:

  • Ignoriert er es oder wendet er sich von Ihnen ab, folgt augenblicklich ein scharfes „Pfui“, gefolgt von einem erneuten Schnalzen.
  • Wird auch dieses ignoriert, folgt ein jetzt wirklich laut und aggressiv artikuliertes „Pfui ist das!“.
  • Sie können auch zeitgleich dem Hund etwas hinterherwerfen, so dass er sich beeindruckt zeigt.
  • Dabei ist äußerst wichtig:, dass Sie sich genau in dem Moment, wo der Hund sich ein klein wenig verunsichert zeigt oder sich Ihnen wieder zuwendet, rückwärts laufend vom Hund entfernen und dabei ihn übertrieben freundlich motivieren, sich Ihnen zu nähern.
  • Das alles erarbeiten Sie sich zuerst in einem Umfeld, aus dem der Hund sich nicht entziehen kann.
  • Nach und nach verlegen Sie die Übung nach draußen. Arbeiten Sie hier zuerst ohne, später dann unter Ablenkung.

3. Wirken Sie mit Ihrer Reglementierung immer angepasst an den Hund ein, nicht zu viel und nicht zu wenig.

  • Der Hund soll sich beeindruckt zeigen, es soll eine Reaktion ersichtlich sein, nicht mehr.
  • Egal welche Erfahrung Ihr Hund bis jetzt gemacht hat, zeigen Sie ihm: „Ab heute ist alles anders“.
  • Das Verweigern der Kontaktaufnahme wird reglementiert, das Heranrufen erfolgt ausschließlich freundlich und motivierend. Hierbei kommt es auf den schnellen Wechsel von negativ zu positiv an, damit der Hund versteht, welche Reaktion er bei Ihnen durch sein Verhalten auslöst.

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